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Nach dem Hochwasser stand das Kemmeriboden-Bad vor dem Nichts. Wie es neu erstrahlt, und was Probst sowie ein Stuhl damit zu tun haben, lesen Sie hier.
Alles begann mit einem Stuhl.
Nach dem verheerenden Hochwasser stand Reto Invernizzi, der das legendäre Kemmeriboden-Bad führt, praktisch vor dem Nichts. Wie es dazu kam, dass es heute wieder in neuem Glanz erstrahlt, ohne dass die Seele des geschichtsträchtigen Hauses verloren ging, welchen Beitrag Probst dazu geleistet hat und was das Ganze mit einem Stuhl zu tun hat, lesen Sie hier.
Es war am 4. Juli 2022, da kam es, das verheerende Hochwasser, welches das altehrwürdige Kemmeriboden-Bad komple verwüstete. «Wir wurden regelrecht entwurzelt», sagt Geschäftsführer Reto Invernizzi. Er stand vor der Wahl: aufgeben und resignieren oder den kompletten Neuanfang anpacken. Natürlich entschied er sich für das Letztere. Die Zerstörung war schliesslich auch eine Chance. Die Chance, die gesamte Innenarchitektur komplett neu zu denken. Doch dafür brauchte Reto Invernizzi den richtigen Partner.
Lange musste er nicht überlegen, er rief Marc Probst an. Die beiden haben sich nicht lange vorher kennengelernt. Wegen einem Stuhl. Aber der Reihe nach: Reto Invernizzi entdeckte in einem anderen Hotel einen Stuhl von Weishäupl, der ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Auf der Suche nach einem Anbieter dieses Modells kam Invernizzi auf die Firma Probst, die ihm jedoch von einem Holzstuhl für den Aussenbereich abriet. Die Chemie stimmte sofort. Marc Probst hat Reto Invernizzi beraten, hat gut zugehört und ist auf ihn eingegangen. So entstand ein Vertrauensverhältnis. Und deshalb ist Invernizzi nach dem katastrophalen Ereignis, bei dem er zwischen Stühle und Bänke fiel (das ist die einzige Möbel-Metapher, versprochen) auf Marc Probst zugegangen.
« Das Unglück war auch eine Chance. Die Chance, die Innenarchitektur komplett neu zu denken. »
Eine Herausforderung: Planen und bauen gleichzeitig
Nun galt es, praktisch von vorn anzufangen, die Inneneinrichtung neu zu konzipieren. Im Kemmeriboden-Bad habe man Erfahrung mit dem Spagat zwischen Tradition und Moderne. Das hat auch mit dem breiten Gästespektrum zu tun, denn hier verkehren einheimische Bauersleute oder der Postautochau eur genauso wie die Stadtzürcher Familie, die ja hier ist, weil sie etwas anderes erleben will. Hier im Kemmeriboden-Bad legt man Wert auf Authentizität. Die Geschichte von der Landschaft und ihren Menschen wird im Kemmeriboden-Bad lebendig. Es ist nicht verwegen oder esoterisch abgehoben, von der Seele des Hauses zu sprechen, die es zu bewahren galt.
Reto Invernizzi erinnert sich: «An Weihnachten 2022 waren wir auf dem Tiefpunkt, und wir wussten nicht, wie wir das alles stemmen sollten.» Die Versicherungen gaben keine Deckungsgarantien, die Kosten häuften sich. Es ging buchstäblich um die Existenz. Man musste so bald wie möglich wieder öffnen können. Die Beziehung zu Marc Probst ist nicht einfach eine geschäftliche, sondern eine freundschaftliche. Diese freundschaftliche Komponente war denn auch zu spüren, als Marc Probst Reto Invernizzi versicherte: «Egal, was noch kommt, ich unterstütze dich.»
« Obwohl nicht mehr alles so aussieht wie damals, habe ich immer noch das gleiche schöne vertraute Gefühl. »
Durch die Auseinandersetzung zu innovativen Ideen
Im Projektverlauf gab es viele Auseinandersetzungen. Diese Reibungsflächen waren aber sehr wichtig. Sie zwangen Stefan und Marc, kritisch zu sein und immer zu fragen: Was ist besser? Was ist richtig? Im Nachhinein hat sich die Diskussion immer gelohnt. Wie zum Beispiel bei den Steinplatten im neuen Foyer, welche die Steine im Emme-Flussbett symbolisieren. Oder da war die Auseinandersetzung um den Bedli-Saal, da kam von Probst der Vorschlag mit der Eckbank, der grossen Anklang fand.
So ein Projekt kann man nur vor Ort umsetzen
Stefan Lanz hat in diesem Riesenprojekt eine hervorragende Vermittlerrolle wahrgenommen. Beispielsweise hat er mit dem Elektriker das Lichtkonzept umgesetzt, und das immer vor Ort. «So ein Projekt kann man nicht auf Papier durchziehen, das geht wirklich nur vor Ort», meint Stefan Lanz dazu. Eines wurde dem Probst-Team bei diesem Projekt bewusst: Hier sind nicht bloss Tische und Stühle kaputt gegangen. Das zu begreifen, hat mit Respekt vor der Geschichte dieses Hauses zu tun.
Wer diesen Respekt hat, versteht den Wiederaufbau nicht als Hauruck-Übung, bei der man einfach mal verbaut, was gerade angezeigt ist.
Traditionen wahren
Beim Wiederaufbau wollte Probst gewisse Traditionen wahren, gerade was die Materialisierung betrifft. Es ging darum, Materialien zu verbauen, die aus der Region stammen. Beispielsweise stammt das Eichenholz der Eckbänke, die Probst konzipiert hat, aus dem Emmental, aus Oberfrittenbach bei Langnau. Die Eiche stand viele Generationen lang auf dem Boden eines Bauern. Vor drei Jahren fällte er sie, in der Ho nung, sie dereinst an einem schönen Ort verbauen zu dürfen.
Der Tradition verpflichtet sein heisst aber nicht, dass alles so bleiben muss wie früher. Reto Invernizzi entschied sich beispielsweise gegen die früheren Mehrbettzimmer, weil sich diese schlecht mit den «Romantik-Pärchen» und den Ruhebedürftigen vertragen. Im ehemaligen Chäs-Spycher im EG wurde eine Wellness-Suite eingebaut. Auch hier zeigt sich, dass die Chance für etwas Neues genutzt wurde.
Hohe Auslastung seit der Wiedereröffnung
Etwas müde, aber zufrieden und stolz betrachteten Reto Invernizzi, Marc Probst, Stefan Lanz und alle Beteiligten das Resultat. Sie freuten sich über die Wertigkeit und die Klasse. Seit der Wiedereröffnung am 4. Juli 2023, also genau ein Jahr nach der Verwüstung, war das Hotel Kemmeriboden-Bad durchgehend ausgebucht.
Und Reto Invernizzi sagt stolz: «Ich mache hier nicht nur meine Arbeit. Ich verbringe hier mein Leben. Unsere Gäste sollen uns sozusagen bei uns zu Hause besuchen. Ich spüre jetzt wieder diese positive Energie, weil ich sehe, wie gut alles gelungen ist. Es ist eine riesige Arbeit, die Stefan, Marc und das Probst-Team hier gemacht haben. Wir führen jetzt infrastrukturell ein anderes Hotel als vor dem Ereignis, aber die Seele ist geblieben.» Viele Stammgäste haben bestätigt, dass sie sich in diesem Landgasthof mit allen Neuerungen sofort wohlgefühlt haben. Kein Wunder, es ist immer noch ein schönes, altehrwürdiges Emmentaler Haus.
«Wir führen jetzt infrastrukturell ein anderes Hotel als vor dem Ereignis, aber die Seele ist geblieben.»
Und Marc Probst sagt überzeugt: «Trete ich in dieses Haus ein, weiss ich sofort – das ist kein Hotel,
das zu einer Kette gehört. Das ist das einzigartige Kemmeriboden-Bad.»
Und das ist es auch. Es ist weit mehr als die berühmten «Merängge».
«Jedes noch so kleine Detail erzählt eine einzigartige Geschichte»